Zwischen Leidenschaft und Langeweile

Luisa beginnt ihr Studium mit einem Hochschulwechsel und beendet es mit Studienzweifeln. Anfangen hatte alles mit der Begeisterung für antike Sprachen und Kulturen. Doch wo die Reise nach dem Studium beruflich hingehen soll, ist ihr auch nach dem Bachelor nicht klar. Trotzdem bereut sie ihr Studium nicht und ist letztendlich froh, nach einigem Ringen auch den Masterabschluss in der Tasche zu haben.

In meinem Leben hatte ich schon viele Berufswünsche: Von Sängerin und Tänzerin über Tierärztin und Musikjournalistin bis hin zur Neurochirurgin. Das Berufsfeld der Historikerin war nie dabei, dennoch schrieb ich mich nach dem Abitur in Heidelberg für das Hauptfach Geschichte ein. Historische Zusammenhänge interessierten mich. Ich hatte in der Oberstufe das Glück, einen ambitionierten Leistungskurslehrer zu haben, durch den ich Geschichte und im Speziellen Alte Geschichte lieben lernte.

In Heidelberg wurde mir schnell klar, dass es sich für mich lohnt, einen Fokus zu setzen. Fast alle Pfeiler unserer heutigen Gesellschaftsform basieren auf antiken und vor allem attischen Erkenntnissen von vor über 2000 Jahren. Auch der stete Hang zum Mystischen in der Alten Geschichte hat es mir angetan. Nach einem Semester Neuerer Geschichte wechselte ich von Geschichte zum Studiengang Antike Sprachen und Kulturen an die Universität zu Köln. Heidelberg mochte ich gern, Köln liebte ich heiß und innig.

In der Uni sog ich wissbegierig alles auf, beginnend bei den Anfängen der Demokratie bei Kleisthenes über die militärischen Geschicke der Spartaner und Römer bis hin zu den diplomatischen Fähigkeiten der Ptolemäer. Das Fach Antike Sprachen und Kulturen kann an der Uni Köln nur im Zweifach-Bachelor studiert werden. Dies kam mir gelegen. Alte Geschichte studierte ich aus schierem Interesse. Mein Zweitfach wählte ich mit dem Hintergedanken, damit meinen beruflichen Werdegang zu ebnen. Ich scrollte durch die möglichen Fächerkombinationen und entschied mich für Medienkulturwissenschaften. Kulturwissenschaften war nach dem Abi in der engeren Auswahl und ich hatte ein Faible für japanische Filme, so war die Studienfachwahl schnell getan.

Nach einem Jahr an der Uni fing ich beim Kulturradio des WDR als Autorin und Produktionsassistentin an, was sich in den kommenden Jahren als gelungener praktischer Ausgleich zum theorielastigen Studium der Medienkulturwissenschaften herausstellte. Außerdem machte ich ein Praktikum in einer Bookingagentur und beim WDR in der Dokumentarfilmredaktion. Doch nichts überzeugte mich nachhaltig und so war ich am Ende meines Bachelorstudiums planlos wie eh und je, was meine Berufswahl anging.

Mein Studium der Alten Geschichte gefiel mir sehr gut, wegen des erforderlichen Graecums entschied ich mich gegen einen Master in diesem Fach. Eine Tätigkeit als Historikerin konnte ich mir so oder so nicht vorstellen. Nach dem Bachelor nahm ich mir ein Jahr Zeit, um zu überlegen, was ich machen wollte. Während meiner Bachelorarbeit habe ich am wissenschaftlichen Arbeiten Gefallen gefunden. Ich hatte mich ein halbes Jahr intensiv mit feministischen Theorien beschäftigt und meine Bachelorarbeit war das freudige Resultat. Ich hatte im Studium das erste Mal die Freiheit, mich mit einem Thema meiner Wahl wirklich intensiv zu befassen – ohne Druck. Durch meine Arbeit beim WDR stand ich finanziell auf eigenen Beinen und hatte keinen Druck, mein Studium zu beenden. Diese durchweg positive Erfahrung war ausschlaggebend dafür, dass ich mich gegen das Volontariat, dass man mir beim WDR nahelegte, und für den Master entschied. Ich konnte mir eine Tätigkeit in der Forschung vorstellen.

Meine Erwartungen an das Masterstudium wurden leider enttäuscht. Wenig Medientheorie, wenig Kulturanthropologie, wenig kritische Einordnung. Dafür grundlegende Filmtheorien und empirische Medienforschung – Bereiche, die mich überhaupt nicht, oder nicht mehr interessierten. Bereits im ersten Semester spielte ich mit dem Gedanken, das Studium abzubrechen. Es folgten zwei Jahre voller Zweifel und Langeweile, gekrönt von einer zermürbenden Masterarbeit. Fehlkommunikation mit dem Prüfer führten dazu, dass ich ein Thema bearbeitete, dass mich nicht interessierte, sodass ich zweimal kurz davor war, hinzuschmeißen. Anderthalb Monate vor der Abgabefrist fing ich ein drittes Mal von vorne an, nachdem ich bereits zwei unvollendete Skripte à 60 Seiten geschrieben hatte, mit denen entweder ich oder mein Prüfer unzufrieden waren. Letztendlich schrieb ich in vier Wochen meine Masterarbeit stupide runter, ohne mich mit erneut mit meinem Prüfer abzusprechen, bewertete die Arbeit selbst als grottenschlecht und irrelevant, gab ab.

Heute bin ich froh, dass ich die Masterarbeit durchgezogen habe, das Masterstudium an sich hätte ich mir sparen können und sollen. Bereuen tue ich trotzdem nichts. Hätte ich mir die Selbstzweifel und negativen Gedanken während des Masters sparen können, wenn ich anstelle des Aufbaustudiums eine Ausbildung gemacht hätte? An solche Gedanken verschwende ich keine Zeit. Dennoch habe ich mich das ein oder andere Mal geärgert, nur die journalistische Ausbildung vor Augen und mich nach dem Bachelor nicht über andere Ausbildungsmöglichkeiten informiert zu haben. Für mich waren meine Studienjahre vielmehr Selbstfindung denn weichenstellende Ausbildung und ich weiß, dass es vielen Studierenden auch so geht.

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