Exmatrikuliert – und dann?

Von der IT-Sicherheit, über Game Design und Kommunikationsinformatik bis hin zum Mediengestalter Bild und Ton

Ein Studium im Bereich IT? Auf jeden Fall zukunftssicher, denkt sich Luca, dem es schwerfällt nach dem Abi Orientierung zu gewinnen. Doch nicht für jeden wird „Programmieren“ zum Traumberuf, rund die Hälfte der Informatik-Studierenden bricht das Studium ab. Für Luca geht seine Wahl mit einem Studienwechsel und einer Zwangsexmatrikulation einher. Wieso sein Studium ihn dennoch auf den richtigen Weg gebracht hat, erfahrt ihr hier.

Nach meinem Abitur im Jahre 2014, stand ich vor der großen Frage „Was jetzt?“. Durch allerlei Empfehlungen und Erfahrungen, die man im Laufe seiner Schulzeit von anderen mitbekommt, konnte ich mir zwar einen Überblick über diverse Studiengänge und Ausbildungen verschaffen, doch es war nie wirklich etwas dabei, was mich faszinierte. Hinzu kam, dass ich selbst mit meinem Notendurchschnitt von 2,8 nicht gerade zu der Elite des Landes gehörte. Nach langem Grübeln entschied ich mich für das zukunftssichere Studienfach IT-Sicherheit an der Ruhr-Uni-Bochum. 

Das klang für mich attraktiv, da das Fach sehr technisch war, es hatte einen NC von 3,0 und ein paar Freunde studierten das Gleiche. Doch es dauerte nicht lange, da kam das böse Erwachen. Als erstes musste ich erkennen, dass Studieren in keiner Weise mit dem herkömmlichen Schulunterricht vergleichbar ist. Alles war ungewohnt theoretisch und ohne jeglichen Bezug zueinander. Die Lehrer-Schüler-Beziehung, auf die man zuvor noch bauen konnte, gab es nicht mehr. Man rannte dem Lehrstoff hinterher, wobei die Menge zunahm. Lehrfächer, von denen man zuvor dachte, dass sie nichts mit dem Studiengang zu tun haben, entpuppten sich als die Schwersten.

Auch Freunde, Lerngruppen oder Tutorien halfen mir nicht mehr den entstehenden Leistungsdruck aufzufangen. Das führte letzten Endes dazu, dass ich mich bereits im zweiten Semester, mit sechs Fehlversuchen, dazu entschied, das Studium hinzuwerfen. Damit gehörte ich zu den gefühlt 66% die dieses Studium im Durchschnitt abgebrochen haben.

Allerdings blieb ich bis zu meinem 5. Semester eingeschrieben, bis ich schließlich zwangsexmatrikuliert wurde. Während des aktiven und passiven Studiums arbeitete ich in einer örtlichen Gastronomie, um etwas Geld zu verdienen. Dies bereue ich im Nachhinein, denn die Nebentätigkeit bedeutet letztendlich einfach Zeit, die man in sein Studium investieren könnte und sollte, und die bekommt man nie wieder.

Für mich war es damals selbstverständlich, dass ich trotz des Scheiterns, weiterstudieren wollte. Dies wurde mir in einem Gespräch mit der Studienberatung in Bochum bewusst. Doch nach einer Absage für mein Wunschfach Game-Design zum Beginn des Sommersemesters geriet ich in Zugzwang. Die Bewerbungsfristen fürs Wintersemester liefen oder waren bereits abgelaufen. Ich suchte nach einem passenden Studiengang, der zumindest ein paar der Inhalte widerspiegelte, die ich von einem Game-Design Studium erwartet hatte. Die Hochschule-Rhein-Waal in Kamp-Lintfort traf meinen Geschmack mit dem Fach Medien- und Kommunikationsinformatik. Für mich war es eine komplett neue Situation, nicht nur, dass ich niemanden dort kannte, sondern auch, dass ich mich weniger mit dem Studiengang beschäftigt hatte als zuvor.

Erstaunlicherweise fand ich mich dennoch schnell ein, was mitunter auch an den wesentlich praxisorientierteren Lehrmethoden lag, die man dort durchführte. Die Hochschule war moderner und organisierter, es gab keine überfüllten Hörsäle, ich fühlte mich weniger verloren und somit zuversichtlicher, das Studium erfolgreich zu beenden.

Bis zu meinem 4. Semester bestand ich ca. 90% meiner Klausuren geradezu mit Bravour, doch hakte es immer wieder im programmiertechnischen Bereich. Meine Stärken lagen woanders. Und diese Erkenntnis war für mich das Wichtigste, was ich in diesem Studium gelernt habe. Mein Pflichtpraktikum machte ich bei einer Firma für Veranstaltungen und Rundfunk in Krefeld, bei dem ich aufblühte und neues Wissen geradezu aufsog. Ich versuchte mich noch im gleichen Jahr für die Ausbildungsstelle zu bewerben, leider erfolglos. Nichtsdestotrotz studierte ich mit dem Gedanken an eine Ausbildung in diesem Bereich weiter. 

Glücklicherweise nahm ich somit noch das Modul „Medientechnik” in der Hochschule mit, was mich in meiner Annahme nur bestärkte. Hier mussten wir in einer Gruppe einen Kurzfilm produzieren, wobei ich aus Enthusiasmus fast jede Aufgabe übernahm. Trotzdem versuchte ich weiterhin das Studium abzuschließen, im 5. Semester wurde ich jedoch aufgrund meiner Fehlversuche exmatrikuliert. Im Laufe des Studiums hatte ich mir nicht nur eine Stelle als studentische Hilfskraft verschafft und eine AG gegründet, sondern war auch ein Teil des Fachschaftsrates geworden.

Bevor ich ging, nutzte ich noch meine Kontakte und sprach mit verschiedenen Dozent*innen und mit meinem Studiengangsleiter, um mir mehrere Standpunkte und Perspektiven anzuhören, wie sie weitermachen würden.

Schlussendlich bewarb ich mich bei der Firma, wo ich mein Praktikum absolviert hatte, für eine Ausbildung zum Mediengestalter Bild und Ton und bereue diese Entscheidung bis heute nicht. Generell würde ich jedem empfehlen vor dem Studium eine Ausbildung zu machen: Man nimmt sehr viele essenzielle Kenntnisse und Fähigkeiten mit und hat ein „sicheres” Standbein, falls es mit dem Studium doch nicht klappen sollte.

Für die Zukunft würde ich mir wünschen, dass die Leistungen von Studienabbrecher*innen mehr gewürdigt werden – auf dem Arbeitsmarkt als auch im sozialen Umfeld.

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