Lese ich später? Prokrastination überwinden!

Unangenehme Aufgaben aufschieben – das macht doch jede*r mal, oder? Ja! Studierende, die keine festen Arbeitszeiten haben, eigenverantwortlich lernen und ein erhöhtes Maß an Selbstdisziplin aufbringen müssen, sind von diesem Phänomen besonders betroffen. Doch 20 bis 40 % der Studierenden berichten, ernsthafte Schwierigkeiten mit der Aufschieberei zu haben. Welche Tipps und Tricks gibt es gegen Prokrastination und wann sollte man sich Unterstützung suchen?

Was ist Prokrastination und wie wird sie definiert?

Prokrastination bezeichnet das Aufschieben einer notwendigen, dringenden und zumeist unangenehmen Tätigkeit zugunsten einer weniger unangenehmen – und sei es den Abwasch zu machen oder die Fenster zu putzen. Prokrastinierende Menschen machen demnach etwas anderes als das, was sie eigentlich tun müssten und suchen dafür gerne Ausreden: „Das Bad zu putzen war ebenfalls notwendig und ich habe diese Aufgabe bereits erledigt und war nicht unproduktiv.“ oder „Die Beantwortung der Mail war längst überfällig, das musste noch erledigt werden.“ Gerne wird eine Aufgabe auf morgen verschoben, weil man heute einfach zu müde ist, sich ohnehin nicht konzentrieren kann oder das Wetter einfach zu gut ist, um am Schreibtisch oder in der Bibliothek zu sitzen. Sich hin und wieder eine Auszeit zu gönnen oder sich lieber mit Freunden zu treffen als zu lernen, ist vollkommen normal und muss noch nicht als eine „pathologische“ Form des Prokrastinierens angesehen werden. Auch strukturiertes Aufschieben auf der Grundlage von Priorisierungen ist in stressigen Klausurphasen sogar notwendig und sinnvoll im Rahmen eines gesunden Zeitmanagements. Wenn das Aufschieben allerdings zur Gewohnheit – zur lästigen Aufschieberitis wird – kann es hilfreich sein, sich das eigene Verhalten vor Augen zu führen.

Wieso prokrastiniert man?

Um sein Verhalten nachhaltig zu ändern ist es oftmals ratsam in die Selbstreflexion und Ursachenforschung zu gehen. Was sind deine Antworten auf folgende Fragen?
In welchen Situationen prokrastiniere ich und in welchen nicht? Hat es eher mit einer lästigen Aufgabenart zu tun oder vermeide ich generell unangenehme Tätigkeiten? Mit welchen Konsequenzen geht das Prokrastinieren einher, also welchen Preis zahle ich dafür?  Und welchen Sinn erfüllt es für mein Selbsterleben oder meine Lebensführung? Es kann zum Beispiel sein, dass es sich bei der Prokrastination um eine Vermeidungsstrategie handelt, die den eigenen Selbstwert bewahren soll. Wenn du dich einer bestimmten Aufgabe widmest, könntest du feststellen, dass sie dir Schwierigkeiten bereitet, sodass du mit deinen eigenen Schwächen und Ängsten in Kontakt kommst. Durch das Prokrastinieren bewahrst du dich zwar vor dieser Erfahrung – aber verhinderst zugleich auch Erfolgserlebnisse und Lernfortschritte. Es könnte auch sein, dass du unbewusst den Fortschritt in deinem Leben hinauszögerst, weil der Hochschulabschluss für dich eher unangenehme Ereignisse bereithält – zum Beispiel die tagtägliche Arbeit in einem für dich uninteressanten Berufsfeld. In manchen Fällen verbirgt sich hinter der Aufschieberei demnach nicht nur ein schlechtes Zeitmanagement, sondern vielmehr eine Strategie der Konfliktvermeidung, ein Lösungsansatz, der dich vor „Schlimmerem“ bewahren soll. Ständiges Prokrastinieren kann somit auch ein Hinweis darauf sein, dass deine Studienfeld nicht deinen eigentlichen Fähigkeiten und Interessen entspricht. Aktuelle Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass Studierende weniger prokrastinieren, wenn eine Aufgabe ihre Aufmerksamkeit und Neugier weckt.

Wann sollte man sich professionelle Unterstützung suchen?

Im Nachfolgenden geben wir dir ein paar hilfreiche Tipps gegen Prokrastination mit an die Hand, die dich auf dem Weg zum regelmäßigen Lernen unterstützen und dein Zeitmanagement verbessern können. Auch bei deiner nächsten Hausarbeit können sie dir helfen. Falls Prokrastinieren für dich jedoch zum ernsthaften Problem geworden ist, das Auswirkungen auf deine Lebensführung und -qualität hat, solltest du unbedingt in Betracht ziehen, auch professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das ist beispielsweise ratsam, wenn dein Anspruch auf BAföG gefährdet ist, du körperliche Veränderungen wie Schlafstörungen bemerkst oder beginnst, Alkohol und Drogen zu konsumieren, um dich von deinem Problem abzulenken. Generell ist es immer dann legitim und ratsam sich professionelle Hilfe zu suchen, wenn man das Problem in seinem Leben erkannt hat und selbst keine Lösung findet – ob sich der Leidensdruck nun durch Schamgefühle, ein erhöhtes Stresserleben oder finanzielle Probleme äußert. Hilfe erhältst du unter anderem bei der psychologischen Beratungsstelle deiner Hochschule oder auch der Zentralen Studienberatung.

Welche Tipps gibt es?

1. Führe dir deine Ziele vor Augen

Wenn es dir an der nötigen Motivation mangelt, mit dem Lernen zu beginnen, lohnt es sich ein Blick auf die Frage „Wozu soll ich das machen?“ Im theorielastigen Studienalltag, der von abstrakten Aufgaben und Problemstellungen geprägt ist, geraten die ganz persönlichen Ziele und Wünsche oftmals in den Hintergrund. Diese stellen jedoch das Fundament für eine gesunde Studienmotivation dar. Stell dir also die Frage, wieso lohnt es sich, dieses Thema jetzt zu lernen und finde eine ehrliche und emotional wirksame Antwort. Ist es wichtig, die Klausur zu bestehen, um in deinem Studium einen bedeutsamen Fortschritt zu machen? Bringt dich das Bestehen des Moduls deinem Traumberuf ein Stück näher oder ist der Studieninhalt auch für dein späteres Berufsleben von zentraler Bedeutung?

2. Den Berg an Aufgaben in kleine Häppchen aufteilen

Step by step und Besenstrich für Besenstrich: Eine große Aufgabe wie eine Klausur mit viel Lernstoff oder eine ungeschriebene Hausarbeit kann zunächst wie eine unüberwindbare Hürde wirken – bis man sie in kleine Arbeitsschritte aufteilt. Das weiß auch der Straßenkehrer Beppo in Michael Endes „Momo“. Er erklärt, wie er es schafft, die gesamte Stadt zu reinigen: „Man muss immer nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut.“

3. Beginne mit einer Aufgabe, die dir Freude bereitet

Anfangen ist oft das Schwerste. Deswegen beginne mit der Aufgabe, die dir am meisten Spaß macht, um die erste Hürde zu überwinden und einen guten Einstieg ins Lernen zu finden. Welches Thema fasziniert dich, welches ist besonders aktuell?

4. Tägliche Einheiten

Gerade wenn es dir Schwierigkeiten bereitet, dich zum Lernen aufzuraffen, kann es hilfreich sein, jeden Tag in kleinen Einheiten zu lernen. Dadurch entwickelst du Gewohnheiten und Routinen, die Anfangshürde wird verringert und der Teufelskreis durchbrochen. Auch eine Hausarbeit kannst du dir in tägliche Einheiten einteilen.

5. Strukturiere deinen Arbeitstag

Um am Ball zu bleiben und den inneren Schweinehund zu überlisten, hilft einen konkrete Zeitplanung, die deinen Lernalltag strukturiert. Dabei solltest du nicht nur festlegen, um welche Uhrzeit du mit dem Lernen beginnst, sondern auch, wann du Feierabend machen kannst. Zudem ist es sinnvoll, im Voraus zu überlegen, welche Tätigkeit du rechtzeitig beenden musst, damit du pünktlich am Schreibtisch sitzen kannst.

Extra Tipp: Die 5 Minuten Regel
In dem Moment, in dem du planst zu lernen (einen Tag vorher), solltest du sofort 5 Minuten mit der Aufgabe beginnen. So musst du am nächsten Tag nicht anfangen, sondern kannst weitermachen. Weitermachen ist viel einfacher als Anfangen und Anfangen ist viel einfacher, wenn du nur 5 Minuten lernen musst und nicht gleich drei Stunden.

6. Lerne Erfolg gestützt

Nichts ist motivierender als ein Erfolg und nichts ist demotivierender als ein Misserfolg. Daher ist es wichtig, dass du beim Lernen Fortschritte siehst und deine selbstgesteckten Ziele auch erreichst. Erstelle dir einen realistischen Zeitplan, der Pausen, Freizeit und Pufferzeiten einplant, um dich nicht selbst zu demotivieren. Führe dir auch bewusst vor Augen, wenn du ein Lernziel erreicht hast und feiere deine kleinen Erfolge – durch ein Eis, einen Kaffee mit Freunden oder das Abhaken auf einer To-Do-List.

Extra Tipp: Erfolge visualisieren
Mach deine Erfolge auch sichtbar! Teile deine Aufgaben in kleine Lerneinheiten ein. Für jede absolvierte Einheit darfst du ein kleines Papierkügelchen zusammenrollen und in ein Glas werfen. So kannst du die gelernten Stunden auch haptisch abbilden und greifbar machen.

7. Eliminiere Störfaktoren

Instagram, TikTok, Whatsapp & Co. – Social Media ist die Ablenkung par excellence. Daher an dieser Stelle nur eine kurze Erinnerung: Leg das Handy weg, wenn du fokussiert arbeiten willst.

8. Suche dir Gleichgesinnte

Zusammen ist man weniger alleine – und motivierter. Dieses Prinzip lässt sich nicht nur anwenden, wenn du dich zum Sport motivieren willst, sondern auch bei der nächsten Prüfungsvorbereitung. Gründe eine Lerngruppe mit Kommiliton*innen oder schreib die Hausarbeit gemeinsam mit einem/r Freund*in in der Bibliothek. So gehst du soziale Verpflichtungen ein und erhöhst die Wahrscheinlichkeit, dich auch an deine Pläne zu halten.

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