„Probiert euch aus! Praxiserfahrung hilft weiter!”

Studienwechslerin Annika

Annika G. hat zweimal das Studium gewechselt. Bei Next Career berichtet sie von ihrem Weg von Jura über ein Lehramtstudium zu ihrer jetzigen Arbeit in einem Krankenhaus – in einem Beruf, den sie vorher noch nicht mal kannte. Geholfen hat ihr die Praxiserfahrung.

Brot, Käse, Butter, Joghurt, Marmelade – mit routinierten, flinken Handgriffen befüllen die Mitarbeiter die auf dem Transportband vorbeilaufenden Tabletts mit Lebensmitteln. Die beiliegende Karte gibt genau an, welche Zutat auf die einzelnen Tabletts darf und welche nicht. Annika behält den Überblick, kontrolliert, ob alles klappt, ob alles stimmt. Nach und nach füllen sich die Wagen mit den Tabletts zur Essenausgabe. Es ist 6:45 Uhr morgens, noch 75 Minuten, dann müssen 534 Portionen Frühstück für die Patienten fertig sein.

Alltag in der Großküche eines Krankenhauses. Täglich managt Annika als Ökotrophologin Frühstück, Mittagessen, Abendessen und Zwischenmahlzeiten für bis zu 600 Patienten – Diätmenüs, Schonkost, Spezialzubereitungen für Allergiker inklusive. Arbeitsbeginn ist um 5:30 morgens, Arbeit am Wochenende und Feiertagen selbstverständlich. Stressig ist es zwischendurch, eine Menge Verantwortung für die Patienten gehört dazu – aber trotzdem ist es genau ihr Ding, sagt sie. „Das Team ist super, die Arbeit ist abwechslungsreich.“

Dass sie heute als Ökotrophologin arbeitet, damit hätte sie nach ihrem Abitur niemals gerechnet, hat damals nicht mal gewusst, dass es diesen Beruf gibt. „Hätte ich vorher gewusst, was ich heute weiß – ich wäre viel schneller hier gewesen“, sagt sie.

Zweimal hat die heute 36-Jährige ihr Studium gewechselt, testete sich aus, wäre fast mal Juristin, Tierpflegerin und dann Lehrerin geworden. Bis sie schließlich ihr Wunschstudium Ökotrophologie fand – oder das Fach sie gefunden hat.  Angst vor dem Wechsel und dem Neuen hatte sie dabei nie. Eher hatte sie das Gefühl, in die Fugen zwischen altem Diplom- und neuem Bachelorsystem zu geraten und stecken zu bleiben.

Studieren oder doch eine Ausbildung?

„Nach dem Abitur war für mich klar, dass ich meine Hochschulzugangsberechtigung auch nutzen und studieren wollte.“ Sie schrieb sich für Jura ein, weil sie das Unbekannte reizte. „Der Bereich interessierte mich, weil man die Berufe nur theoretisch kennt. Damals stellte ich mir vor, später im Bereich der Kriminologie oder im Strafrecht zu arbeiten.“ Diese Vorstellung hielt jedoch nur zwei Semester. Sie bestand zwar alle Klausuren gut, suchte aber doch bald das Gespräch mit den Professoren. „Irgendwie merkte ich, dass meine Denk- und Herangehensweise an die Aufgabenstellungen nicht zum Studiengang passten.“

In den Semesterferien nahm sie sich eine Auszeit, machte ein Praktikum als Tierpflegerin im Zoo. Etwas ganz anderes, aber das Interesse an Biologie und die Liebe zum Tier hatten sie schon immer begleitet. „Danach hätte ich einen Ausbildungsplatz für das nächste Jahr sicher gehabt. Abgeschreckt haben mich dann aber doch das geringe Gehalt und auch die geringen Aufstiegschancen.“

Dann doch lieber die Arbeit mit Menschen, genauer gesagt mit Kindern und Jugendlichen. Mit den Fächern Englisch und Hauswirtschaftslehre startete Annika ins Lehramtsstudium.

„Hauswirtschaftslehre hat wirklich Spaß gemacht. Die Gruppen waren klein, das Studium gut strukturiert und die Beziehung zu den Dozenten schon fast freundschaftlich.“ Auch die Mischung aus Klausuren, Referaten und Hausarbeiten stimmte für sie. In Englisch hingegen wurde es mit der Zeit immer schwieriger. „Die Kurse waren überfüllt, in vielen Seminaren bekam man keine Plätze, musste dann wieder ein Jahr warten. Ich fühlte mich schlecht informiert.“ Das Englischstudium und der Weg zum Staatsexamen zogen sich. Gleichzeitig drohte der Studiengang Hauswirtschaftslehre auszulaufen.

„Irgendwie ging mir das alles nicht schnell genug. Ich hatte das Gefühl, Annika, du musst doch jetzt mal vorwärts kommen“, erzählt sie. Sie suchte Hilfe bei der Studienberatung, wirklich hilfreich erschien ihr das nicht. Schließlich schrieb sie sich kurzfristig für Mathematik fürs Lehramt ein. „Ich hatte die Hoffnung, das Mathestudium schneller abschließen zu können als das Fach Englisch.“ Das lief zunächst auch ganz gut. Die Klausuren des Grundsemesters bestand sie alle – bis zur Zwischenprüfung.

„Ich bin komplett durchgerasselt“, erinnert sie sich.

Per Zufall zum Traumstudium

Auf der Zugfahrt zurück plötzlich Erleichterung, dass es nicht geklappt hat. „Eigentlich hatte sich Mathe doch nur wie ein Notnagel angefühlt.“ Aber was nun?

„Ich musste mir dringend einen Plan B überlegen.“

Englisch und Hauswirtschaftslehre auf Lehramt war für sie keine Perspektive mehr.

„Irgendwie fiel mir noch im Zug die Berufsbezeichnung einer ehemalige Dozentin Hauswirtschaftsstudium ein, der Titel auf den Seminarunterlagen war mir aufgefallen“, erzählt sie.

„Dipl.-Oecotroph. stand drauf.“

Zuhause informierte sie sich, fand heraus, dass der Studiengang Ökotrophologie als Bachelor direkt an der Fachhochschule in der gleichen Stadt angeboten wird. Einige Fächer kannte sie schon aus der Hauswirtschaftslehre. „Danach ging eigentlich alles ganz schnell und unkompliziert. Die Leute vor Ort haben mich sofort mit allen wichtigen Infos versorgen können und ich konnte mir einiges anrechnen lassen.“

Sie fühlte sich wohl, das Studium lief gut, in weniger als der Regelstudienzeit war sie durch. Auch der Berufseinstieg klappte. Großküchensysteme im Krankenhaus mit Essensbefragungen bei den Patienten, Küchenlogistik und Patientenberatungen kannte sie schon von Hospitationen während ihres  Studiums der Hauswirtschaftslehre. „Für meine Bachelorarbeit habe ich einmonatige Praktika in zwei Krankenhaus-Großküchen gemacht und deren Systeme verglichen. Bei einem konnte ich dann direkt danach bleiben.“

Heute, sechs Jahre und einen Arbeitgeber später, wirkt sie angekommen im Beruf und nach wie vor glücklich, wenn sie von ihrem Berufsalltag spricht.

Geholfen habe ihr auf dem Weg dorthin auch das persönliche Umfeld. „Meine Freunde waren immer interessiert, teilweise aber auch amüsiert und gespannt, was ich denn nun als nächstes anfangen würde.“ Und in Bewerbungsgesprächen? „Da waren die Wechsel nie wirklich ein Thema. Und wenn doch, hätte ich es ja erklären können.“

Trifft sie heute auf junge Menschen, denen es ähnlich geht, rät sie, verschiedene Praktika zu machen. „Schau, was dir liegt, nur durch die Praxis lernst du mögliche Berufe wirklich kennen.“ Und aus eigener Erfahrung weiß sie: „Das Studium an einer Universität kann manchmal ganz schön trocken und theoretisch sein. Wem das nicht liegt – im Vergleich ist das Studium an der FH wirklich viel praktischer.“

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