Anschluss finden im Studium

Rund um den Studienwechsel: Neuer Studiengang neues Glück? Studieren mit Freunden ist viel besser als nur zu studieren. Das weiß wahrscheinlich jede*r. Aber wie findet man Anschluss im Studiengang? Wie lernt man seine Kommilitoninnen besser kennen, wenn man als Studienwechsler*in neu dazukommt? Leider gibt es keine Musterlösung für so eine Situation, aber ganz viele Tipps. Wie ich mit der Situation umgegangen bin und was ein Experte dir mit auf den Weg geben kann, erfährst du hier.

Studierende, die an der ihrer Hochschule gut vernetzt sind, brechen seltener ihr Studium ab – ich bin Studienwechslerin und habe diese Erfahrung selbst gemacht. Beide meiner Studiengänge sind an der gleichen Uni angesiedelt und trotzdem könnten meine Erfahrungen nicht unterschiedlicher sein. Bevor ich zur Betriebswirtschaftslehre gewechselt habe, habe ich zwei Semester etwas anderes studiert.

In meinem ersten Studiengang hatte ich eher typische „Uni-Freunde“: Wir haben uns nur in den Vorlesungen gesehen und privat nur selten etwas unternommen. Wir haben auch nie zusammen gelernt oder uns gegenseitig motiviert, wenn es mal wieder stressig wurde. Ich habe mich oft allein (gelassen) und unsichtbar gefühlt, wie wahrscheinlich viele andere in dieser Situation. Durch eine Bekannte habe ich mitbekommen, dass jeder Studiengang eine Fachschaft hat, die als Vertretung für ihre Studierenden agiert. Ich fand es toll, für welche Werte eine Fachschaft steht und auch, wie gut die Mitglieder untereinander befreundet sind: Genau das, was mir gefehlt hatte.

Da ich zu diesem Zeitpunkt schon entschieden hatte, mein Studium zu wechseln, nahm ich mir vor, in die Fachschaft meines zukünftigen Studiengangs reinzuschnuppern. Gesagt, getan. Ich bin mittlerweile seit zwei Jahren im Fachschaftsrat aktiv und habe schon einige Veranstaltungen miterlebt.
Auch wenn es oftmals stressig ist, bin ich sehr froh, mich dem Ganzen geöffnet zu haben. Ein großer Teil meines Freundeskreises hat sich innerhalb der Fachschaft und um sie herum aufgebaut. Ich habe sehr enge Freundschaften geknüpft und coole Erfahrungen gesammelt. Das Studium ist mit Freunden innerhalb der Uni so viel mehr als nur studieren.

Natürlich gibt es auch andere Möglichkeiten Anschluss an der Uni zu finden und da meine Erfahrungen rein subjektiv sind, möchte ich sie an dieser Stelle durch die Perspektive eines Experten ergänzen, der sich bestens mit dem Hochschulalltag und den Angeboten einer Hochschule auskennt.
Dr. von der Goltz arbeitet seit 14 Jahren an der Universität Duisburg-Essen, an welcher er auch studiert hat. Er ist Leiter des Centers für Studierenden-Services der Fakultät für Betriebswirtschaftslehre (Mercator School of Management), berät Studierende bei Schwierigkeiten im Studium, plant mit ihnen den weiteren Studienverlauf oder schaut gemeinsam nach alternativen Lösungswegen.
Er selbst ist für das Studium umgezogen und kam ohne großes Netzwerk bzw. viele soziale Kontakte nach Duisburg. In seinem Hauptfach Anglistik und Amerikanistik stellte das aufgrund der kleine Gruppengröße kein Problem dar. Die Kontakte konnten schnell geknüpft und Freundschaften geschlossen werden.

Anders sah es in seinem Nebenfach BWL aus. Aufgrund der Studiengangsgröße war der Umgang miteinander anfangs sehr anonym, erst in den Vertiefungen fiel dies leichter. Auf die Frage, welche Optionen Dr. von der Goltz heute empfehlen würde, um sich gut zu vernetzten, antwortet er: „Zu allererst schicke ich Studierende zur Fachschaft, auch mit dem Ziel sich selbst zu engagieren. Ich glaube, dass das der allerbeste Weg ist, um Anschluss zu finden.“ Natürlich gäbe es noch genug andere Möglichkeiten, eine gewisse Fachnähe sei aber immer wichtig. Wer anderweitig Anschluss sucht, dem empfiehlt er sich die Hochschulpolitik, den Sport oder das Theater näher anzuschauen; Hochschulen haben für jeden etwas zu bieten.

Außerdem sei es wichtig, sich nicht nur in festgefahrenen Gruppen aufzuhalten. „Schau dich nach Leuten um, von denen du sozial, persönlich und fachlich profitieren könntest”, so der Rat von Dr. von der Goltz.

Um dir das zu erleichtern, hat er diese Tipps für dich:

  1. Engagiere dich im Studium
    So verbesserst du deine Bindung zu deinem Studiengang und lernst neue Leute kennen.
  2. Suche dir Lerngruppen mit festen Zeiten
    Mache dir verbindliche Termine mit Kommiliton*innen. Das hilft nicht nur der Ausweitung der sozialen Kontakte, sondern bringt dich auch noch im Studium weiter.
  3. Halte dich am Campus auf
    Wer viel Zeit auf dem Campus verbringt, der hat auch mehr Möglichkeiten, jemanden kennenzulernen.
Und was machst du während des Onlinesemesters?

Toller Tipp, aber was ist, wenn du dich gar nicht am Campus aufhalten kannst, weil alles online stattfindet? Soziale Distanz und Onlinesemester können das Kennenlernen von Kommiliton*innen und anderen Studiereden erschweren. Immerhin findet (fast) alles digital statt, seien es Vorlesungen, Seminare oder andere Veranstaltungen. Wie sollst du denn so Anschluss finden?

Lass dich nicht unterkriegen! Auch online kannst du Kontakte knüpfen, zum Beispiel bei Online-Kennenlern-Veranstaltungen. Über diese kannst du dich auf der Website deiner Hochschule informieren. Netzwerkforscher Christian Stegbauer gibt den Tipp, die eigene Kamera bei diesen Veranstaltungen einzuschalten, denn wenn wir uns gegenseitig sehen, fällt es uns leichter Bindungen und Beziehungen zueinander aufzubauen.

Außerdem ist es an der Zeit sich mal wieder auf Facebook einzuloggen. So gut wie jede Hochschule hat Facebookgruppen, in denen du viele neue Leute kennenlernen kannst. Das Schöne daran ist, dass Studierende, die in diesen Gruppen sind, meist offen für neue Kontakte sind und das Kennenlernen dadurch etwas einfacher sein kann. Du hast kein Facebook? Auch kein Problem, die Hochschulen sind  fast immer auch auf Instagram vertreten und einige haben bestimmte Hashtags, um Studierende aus den gleichen Studiengängen zusammenzubringen, vielleicht macht deine das auch schon?

Bonustipp: Versuch am Ball zu bleiben und nimm an Vorlesungen teil, auch wenn sie online sind. Wenn du in deinem Studium engagiert bist, dann lernst du dadurch andere Studierende kennen, die es auch sind und ihr bringt euch gegenseitig voran.

Viel Erfolg für die kommende Vorlesungszeit!

Und wie steht der Leiter des Centers für Studierenden-Services zu der Aussage, dass Studierende mit Studienzweifeln und einer guten Vernetzung seltener ihr Studium abbrechen? Dieser Aussage stimmt Dr. von der Goltz nur bedingt zu. Support innerhalb des Studiums ist wichtig, aber das Umfeld sollte nicht der einzige Grund sein, um im Studium zu bleiben. In der Studienberatung erlebt er häufiger das Phänomen, dass Studierende trotz Zweifel im Studium bleiben. Da sich der Freundeskreis dort abspielt, fällt es ihnen oft schwer, sich davon zu lösen.

Wer Zweifel an seinem Studium hat, sollte sich selbst reflektieren, denn „lieber früh zweifeln und sich früh über Alternativen informieren“ als auf der Stelle zu treten, so Dr. von der Goltz.

Was ist denn, wenn man sich schon nach Alternativen umgeschaut, den Studiengang gewechselt hat oder wieder zweifelt?
Spezielle Angebote für bereits Gewechselte gäbe es nicht. Studierende mit erneuten Studienzweifeln würden nicht anders beraten werden, als Erst-Studierende. „Wenn du nach wie vor nicht glücklich bist, dann denk über Alternativen nach.“ So der Rat des Studienberaters.

Wie du siehst, gibt es unzählige Möglichkeiten, Anschluss innerhalb seines Studiengangs oder Studierende mit ähnlichen Interessen zu finden. Dafür ist es wichtig, dass du auch IN der Hochschule suchst. Ein stabiles soziales Umfeld in deinem Studiengang stärkt dir in stressigen Zeiten den Rücken und zeigt dir, dass zum Studieren deutlich mehr gehört, als für Klausuren zu pauken. Viel Erfolg!

Wanja von der Glotz

Zur Person: Dr. phil. Wanja von der Goltz begann Anfang der 2000er sein Studium der Amerikanistik, Anglistik und Betriebswirtschaftslehre an der Universität Duisburg-Essen. Währenddessen absolvierte ein Auslandssemester an der University of Sunderland, UK. Sechs Jahre nach seinem Magisterabschluss promovierte er zum Dr. phil. in Anglistik und American Studies. Heute leitet er das Center für Studierenden-Services im Dekanat der Fakultät Betriebswirtschaftslehre der Universität Duisburg-Essen. Dort begleitet er die Studierenden auf ihrem Weg durch das Studium und berät sie bei Schwierigkeiten und Problemen. Außerdem ist er Dozent im Modul Wirtschaftsenglisch und fungiert somit sowohl als Lehrperson, als auch als Unterstützung der Studierenden während ihres Studiums.

In der Reihe „Rund um den Studienwechsel“ beleuchtet Ceyda die Thematik aus unterschiedlichen Blickwinkeln, dabei aber immer aus der Perspektive einer Studienwechslerin. 

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